Hygienebeauftragter Arzt – was steckt hinter der Fortbildung?

Hygienebeauftragter

Hygiene ist der Grundbaustein für alle medizinischen und pflegerischen Tätigkeiten. Ärzte, Ärztinnen, Kranken- oder Altenpfleger und -pflegerinnen müssen sich ständig mit dem Thema Hygiene und Desinfektion auseinandersetzen, denn gerade das Immunsystem bereits verletzter oder erkrankter Personen ist zu schwach, um sich auch noch gegen Erreger wehren zu müssen. Umso wichtiger ist es, dass die Übertragung von Erregern im Krankenhaus möglichst vermieden wird. Hier ist Fachpersonal mit fundierten Kenntnissen wichtig. Zur Prävention können Hygienebeauftragte Ärzte maßgeblich beitragen.

Hygienestandard in Deutschland

Trotz höchster Hygienestandards erkranken in Deutschland jährlich etwa 600.000 Menschen an einer sogenannten nosokomialen Infektion. Darunter versteht man Infektionen, die im Zusammenhang mit einer medizinischen Maßnahme oder der Versorgung der Patienten stehen. Pro Jahr versterben rund 15.000 Menschen an einer solchen Infektion. Auch wenn in diesem Zusammenhang relativ schnell von Antibiotika-resistenten Erregern gesprochen wird, liegt der Fokus des Hygienebeauftragten Arzt nicht ausschließlich darauf, denn der überwiegende Teil der Menschen, die im Zusammenhang mit einer nosokomialen Infektion sterben, hatte sich zuvor mit einem Antibiotika-sensiblen Erreger angesteckt. Durch diese Infektionen entstehen zudem erhöhte Behandlungskosten. Auch das stellt zunehmend ein Problem dar.

Ursachen von nosokomialen Infektionen

Nosokomiale Infektionen werden in den häufigsten Fällen durch Bakterien verursacht. Die Übertragung solcher Krankenhauskeime kommt in vielen Fällen durch menschlichen Kontakt und mangelnder Desinfektion der Hände, medizinischer Hilfsmittel oder Oberflächen zustande. Gerade in hochsensiblen Bereichen wie einer Intensivstation mit schwerstkranken Patienten führen nosokomiale Infektionen zu fatalen und schweren Komplikationen. Diese Infektionen können nur durch erhöhte Sorgfaltsstandards im Bereich Hygiene beispielsweise in Form von Desinfektion und allgemeiner Sensibilisierung für Präventionsmaßnahmen verhindert werden.

Antibiotika-sensible und resistente Bakterien

Eine nosokomiale Infektion kann sowohl mit Antibiotika-sensiblen als auch mit resistenten Bakterien erfolgen. Grundsätzlich ist eine Infektion mit Bakterien durch die Verabreichung von Antibiotika gut behandelbar. Es existieren aber Bakterien, die gegen viele Antibiotika resistent oder widerstandsfähig sind. Diese bezeichnet man als multiresistent Bakterien. Die einzelnen multiresistenten Bakterien sind nicht gefährlicher als andere, sie lassen sich lediglich schwerer behandeln. Gesunde Menschen mit einem funktionierenden Immunsystem sind von resistenten Bakterien wenig gefährdet. Es besteht aber die Gefahr, dass sie die Bakterien auf andere Menschen übertragen. Gerade wenn die betroffene Person bereits vor erkrankt ist, stellt dies ein große Gefährdung dar und kann zu schweren Gesundheitsproblemen führen. Die Entwicklung einer Resistenz gegenüber Antibiotika ist eine der größten Herausforderungen moderner Medizin.

Dennoch dürfen auch Infektionen mit Antibiotika-sensiblen Bakterien nicht unterschätzt werden. Vermehrt sterben Menschen nach nosokomialen Infektionen durch eben solche Bakterien und eben nicht nur durch multiresistente Keime. Das Tückische ist, dass nosokomiale Infektionen unterschiedlichste Symptome und Krankheitsbilder herbeiführen können und sich die Ursachenforschung oftmals als äußerst schwierig herausstellt.

Da der jeweilige Patient nicht auf die Gabe von Antibiotika anspricht, lassen sich multiresistente Bakterien relativ schnell erkennen. Bei Antibiotika-sensiblen Bakterien ist eine Feststellung um einiges schwieriger. Das lässt leider vermuten, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr hoch ist.

Infektionsschutzgesetz

Das Infektionsschutzgesetz dient der Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Im Jahr 2011 wurde das Gesetz novelliert. So wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um effektive Maßnahmen zur Hygiene und Hygieneprävention einzuleiten und um nosokomiale Infektionen auf ein Minimum einzudämmen. Endlich wurde auch die Grundlage für Weiterbildungen zum Hygienebeauftragten Arzt geschaffen.

Was ist ein Hygienebeauftragter Arzt?

Der Hygienebeauftragte Arzt dient der Infektionsprävention. Er ist Ansprechpartner in hygienerelevanten Fragestellungen und stellt die Verbindung zwischen der Betriebsführung und den Mitarbeitern dar. Zudem sichert er die kollegiale Kommunikation untereinander und regt Verbesserungen im Rahmen der Funktionsabläufe und Arbeitsbedingungen an, um die Einhaltung aller Hygienemaßnahmen zu gewährleisten.

Aufgabengebiete des Hygienebeauftragten Arzt

Einem Hygienebeauftragten Arzt kommen viele Aufgaben zu. Er wird in einem Krankenhaus oder einer anderen medizinischen Einrichtung tätig. Er berät alle Beteiligten in Hinblick auf gesetzliche Vorgaben, geltende Hygienestandards und hygienerelevanter Fragestellungen. Der Hygienebeauftragte Arzt trägt große Verantwortung bei der Fortbildung des medizinischen Personals und ist an der Erstellung des Hygieneplans beteiligt. Zur Einhaltung der Hygienestandards in einer medizinischen Einrichtung ist der Einsatz eines Hygienebeauftragten Arztes unerlässlich.

Voraussetzungen für die Fortbildung

Die Qualifikation „Hygienebeauftragter Arzt“ kann nur durch die Absolvierung einer qualifizierten Weiterbildung erworben werden. Die Fortbildung ist als eine von der Landesärztekammer zertifizierte 40-stündige Präsenzveranstaltung ausgestaltet. Teilnehmen können nur Ärzte, die im Krankenhaus, in einer Praxis oder im öffentlichen Gesundheitsdienst tätig sind. Zudem müssen alle Teilnehmer eine zweijährige klinische Berufserfahrung vorweisen können.

Inhalt der Fortbildung

Die Bundesärztekammer hat eine strukturierte curriculare Fortbildung zum Thema Krankenhaushygiene entwickelt. Ein Hygienebeauftragter Arzt muss nosokomiale Infektionen nicht nur erkennen, sondern auch überwachen, dokumentieren und in der Lage sein, die Erkenntnisse fundiert auswerten zu können, damit weitere Infektionen vermieden werden können. Die Fortbildung ist genau an solche Fälle angepasst. Die Teilnehmer erlernen fundiertes Fachwissen, das alle Bereiche der Hygieneüberwachung, -betreuung und -Management, ambulanter und stationärer Tätigkeitsfelder umfasst. Es werden mikrobiologische und hygienische Fachkenntnisse sowie spezielle Kenntnisse der einzelnen Arbeitsprozesse erlernt. Zudem werden sämtliche Bereiche wie geltende gesetzliche Rahmenbedingungen, Erkennung, Prävention und Eindämmung von Infektionen in medizinischen Einrichtungen umrissen. Teil des Kurses sind Nachweismethoden von Krankenhausinfektionen, wissenschaftliche Unterweisung im Bereich nosokomialer Infektionen, Epidemiologie, Suveillance und multiresistenter Keime.
Ziel ist es, alle Themen zu behandeln, die in der Praxis relevant und zum Schutz vor Infektionen notwendig sein könnten.

Ablauf und Abschluss der Fortbildung

Der Grundkurs zum Hygienebeauftragten Arzt beinhaltet 40 Kursstunden. Der Kurs wird von einem Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin geleitet. Die einzelnen Kursstunden der Fortbildung sollten innerhalb von 12 Monaten absolviert werden. Neben Theorieabschnitten erfolgen auch Praxisteile, um Hilfestellungen für die späteren Tätigkeiten zu bieten. Im Anschluss an die Ausbildung erfolgt eine schriftliche und mündliche Prüfung. Nur nach bestandener Lernerfolgskontrolle erhält ein Arzt die Qualifikation „Hygienebeauftragter Arzt“.

Im Anschluss an den Grundkurs empfehlen sich jährliche Fortbildungen im Rahmen des Fachgebietes der Krankenhaushygiene. Nur so kann sichergestellt werden, dass jeder Hygienebeauftragter Arzt auf dem neusten Stand ist und die Hygiene in allen Risikobereichen kontinuierlich verbessert wird.

Vorteile der Qualifikation zum Hygienebeauftragten Arzt

Die Fortbildung zum Hygienebeauftragten Arzt ist eine Zusatzqualifikation. Derartige Weiterbildungen sind gute Ansatzpunkte für einen ausführlichen und ausreichend gefüllten Lebenslauf. Die Fortbildung ist der erste und wichtigste Schritt, ein der Teil der Infektionsprävention zu sein und zum Schutz der Menschen in medizinischen Einrichtungen beizutragen.

Mittlerweile ist mehr als einmal nachgewiesen wurden, dass die Tätigkeit von Hygienebeauftragten Ärzten in den Kliniken zur Senkung von nosokomialen Infektionen führt und damit langfristig betrachtet Kosten senkt. In der modernen Medizin ist die Sensibilisierung für das Thema Hygiene unerlässlich geworden.